Nächstenliebe und Charity

Das Wort Nächstenliebe setzt sich ableitend aus den Wörtern „Nächster“ und „Liebe“ zusammen. Das Wort Nächst ist eine Superlativform des Wortes nahe, welches auf das althochdeutsche „nah“ und dem germanischen „næhwa“ – „nah“ zurückgeht. Das Wort „liebe“ hat seine Ursprünge im mittelhochdeutschen „liep“ = Gutes, Angenehmes, Wertes und dem indogermanischen „leubh“ – gern, liebhaben, begehren.

Bedeutung

Die bedingungslose Bereitschaft, für Mitmenschen mitfühlend da zu sein. Insbesondere bei christlichen Religionen kommt das Wort Nächstenliebe  häufig vor. Jesus fordert nach der biblischen Überlieferung dazu auf, unseren „Nächsten“ zu lieben. Gemeint ist nicht die Liebe zu Nahestehenden und Angehörigen sondern zu jedem, insbesondere auch zum Fremden und Anderen. Nächstenliebe ist weniger ein Gefühl als eine Zuwendung von Mensch zu Mensch. Es geht um Respekt vor der Würde des anderen, um Mitgefühl und hilfreiches Handeln.

Synonyme

Wohltätigkeit, Güte, Mildtätigkeit, Mitgefühl, Sanftmut, Barmherzigkeit, Menschlichkeit, Menschenfreundlichkeit, Menschenliebe, Humanität, humane Gesinnung. Ähnlich: Milde, Idealismus, Freundlichkeit, Mitgefühl (nicht Mitleid), Erbarmen, Liebe. Fremdwörter: Humanitas, Caritas, Philanthropie, Altruismus (Selbstlosigkeit), Charity, Englisch: love of neighbour, Christian love, brotherly love, benevolence (Güte).

Menschlichkeit / Humanitas

Der Würde des Menschen entsprechendes Denken und Handeln,  menschliche Gesinnung, ethische Orientierung an einer humanen Wertekultur und humanitären Herausforderungen, die auf die Linderung menschlicher Not abzielen.

Caritas / Charity

christliche Nächstenliebe und Wohltätigkeit, lateinisch für Hochachtung, Wertschätzung, Wohltätigkeit, Mildtätigkeit, Liebe, göttliche Liebe liturgisch: „Ubi caritas et amor, Deus ibi est“  = Wo Güte und Liebe sind, da ist Gott

Geben und Teilen

In nahezu allen Religionen findet die Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit einen wesentlichen Ausdruck in der Bereitschaft, zu geben und den eigenen Besitz mit Bedürftigen zu teilen. Wer nicht bereit ist, von dem eigenen Reichtum etwas abzugeben, verweigert sich dem Gebot der Nächstenliebe und damit dem Geheiß Gottes. Teilen hingegen erhöht die Lebensqualität aller.

Almosen

Ein Almosen (von griechisch ἐλεημοσύνη (eleēmosýnē) „Mildtätigkeit“, daher auch „milde Gabe“ genannt) ist eine materielle Gabe an einen bedürftigen Empfänger ohne Erwartung einer materiellen Gegenleistung dieses Empfängers. Es handelt sich dabei um eine zumeist materielle Zuwendung zur Linderung menschlicher Not und wird durch den Beweggrund des Mitgefühls oder auch Mitleids mit dem Empfänger ausgelöst. Je nach Kultur oder Religion kann sich mit einem Almosen die Erwartung eines geistlichen Vorteils oder das Ableisten einer Buße verbinden. Dieser Aspekt der Buße wurde im ausgehenden Mittelalter von der Römischen Kirche missbräuchlich als Freikauf der Seele von göttlichen Sühnestrafen durch Ablasszahlungen interpretiert. Der Ablasshandel generierte große Geldeinnahmen für den Vatikan und setzte einen zentralen Impuls für die Kritik Martin Luthers an der Römischen Kirche, seine 95 Thesen und die Reformation.

Wohltätigkeit und Mildtätigkeit

Wohltätigkeit (auch Benefiz) beschreibt das überwiegend selbstlose Wirken zu Gunsten Bedürftiger durch „milde Gaben“ (Almosen, Spenden, Stiftungen, Geschenke). Sie gilt als besondere Tugend vieler Religionen. Im Christentum, Judentum, Islam und Buddhismus wird sie vom Einzelnen erwartet. Sie wird durch Zuwendungen an Hilfs-organisationen und  soziales Engagement gewährleistet. Das deutsche Steuerwesen unterscheidet zwischen Wohltätigkeit für gemeinnützige, z.B. soziale und kulturelle  Aufgaben (AO§52), Mildtätigkeit (AO§53) zur Linderung menschlicher Not (z.B. der Katastrophenhilfe) und Zuwendungen für kirchliche Zwecke (AO§54).

Philanthropie

Unter Philanthropie, altgriechisch φιλανθρωπία (philanthrōpía) von φίλος (phílos) ‚Freund‘ und ἄνθρωπος (ánthrōpos) ‚Mensch‘) versteht man ein menschenfreundliches Denken und Verhalten. Als Motive werden eine die gesamte Menschheit umfassende Liebe genannt, Dankbarkeit für den eigenen Reichtum und die Bereitschaft, davon etwas weiter zu geben oder eine besondere Verbundenheit mit Gruppen und deren besonderen Anliegen. Materiell äußert sich diese Einstellung in der Förderung Unterstützungsbedürftiger, die nicht zum Kreis der Verwandten und Freunde des Philanthropen zählen, oder von Einrichtungen, die dem Gemeinwohl dienen. Das öffentliche Bild der Philanthropie wird vor allem von in großem Stil durchgeführten Aktionen wohlhabender Menschen geprägt.

Kollekte

Die Kollekte (Sammlung von Spenden im Gottesdienst) entspringt der vorchristlichen Praxis der Opfergaben und schließt an die biblischen und frühchristlichen Traditionen an, für Bedürftige, aber auch für besondere Vorhaben der Gemeinde Geld zusammen zu legen. In jedem Gottesdienst wird eine Kollekte als „Dankopfer“ erbeten. Das Schärflein der armen Witwe (Lukas 21) gibt einen Hinweis auf eine angemessene Höhe der Gabe. Grundlage für die Sammlung ist heute der Gedenke der Gemeinschaft und Solidarität aller Menschen: Wer von seinem Eigentum etwas an Bedürftige weitergibt, bringt Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer aller Gaben zum Ausdruck .  (https://www.nordkirche.de/ueber-uns/engagement-spenden-geld/kollekten)

Fundraising-Idee zum Jahresthema 2020

In einer Zeit und Gesellschaft, in der viele Menschen trotz Wohlstand oder zumindest auskömmlicher Lebensbedingungen des Klagens nicht müde werden, in der „Jeder sich selbst der Nächste“ und  „Geiz geil“ ist, soll die christliche Haltung, dass Nächstenliebe die Lebens-qualität aller erhöht und auch Teilen bedeutet, wieder ins Bewusstsein gerückt werden. Es bietet sich an, vom 2. Dezember 2019 bis zum 30. November 2020 das Jahresmotto zum Anlass nehmen, die Kultur des Gebens als Ausdruck der Nächstenliebe begreifbar zu machen. Fundraising zum Jahresthema 2020 setzt einen besonderen Schwerpunkt, der die biblische Frage aufgreift: „Wer ist mein Nächster?“

In den Kirchengemeinden kann ein besonders überzeugendes Projekt mit einem humanitären Aspekt dafür ausgewählt werden, das den Gedanken der Nächstenliebe wirkungsvoll verdeutlicht, also nicht nur für die eigene Arbeit, sondern  z.B. ein Projekt der Flüchtlingsarbeit oder ein Bildungsprojekt zur Überwindung von Armut Geld sammelt. Parallel zu den regulären Kollekten und Spendenbitten läuft dieses Spendenprojekt durch das ganze Kirchenjahr. Auf Gemeindeveranstaltungen werden eigens für dieses Projekt gestalteten Spendenbehältern aufgestellt. In den Gemeindebriefen wird auf das Spendenprojekt aufmerksam machen und zum Spenden ermuntern. Die Festlegung eines Spendenziels ist hilfreich und erhöht die erforderliche Dynamik.

Der Zwischenstand der Spendenhöhe wird fortlaufend in Form eines Spendenbarometers auf der Website der Gemeinde oder in den Gemeindebriefen sichtbar gemacht. Das Gesamtergebnis wird im Gottesdienst zum 1. Advent bekannt gegeben.